Reiseblog 2018
Das Abenteuer hat begonnen... wir sind auf dem Weg
Der Hinflug
Sollte es nicht viel zu erzählen geben, aber...
Wir haben uns schon im Voraus Gedanken zu unserem Blog Eintrag gemacht. Es ist der erste... Wie leiten wir denn am besten ein? Nach viel hin und her hatten wir uns eigentlich für ein Zitat entschieden:
„Traveling. It first leaves you speechless, then turns you into a Storyteller.“
Aber schon am Flughafen in Paris, unserem Zwischenstopp (der mit einer Stunde Aufenthalt bei einem so großen Flughäfen schon knapp bemessen war) wurden wir eines besseren belehrt.
Abgehetzt kamen wir am Gate an und die ersten gingen durch ins Flugzeug... doch einer durfte nicht mit. Hier lernten wir, wie exakt man wichtige Daten prüfen muss... Ein Teilnehmer unserer Reisegruppe hat eine einzige Ziffer der Reisepassnummer auf dem Visum vergessen. Das war damit ungültig. Also hob unser Flugzeug ab, mit zwei Passagieren zu wenig (Fr. Ehmer ist mit in Paris geblieben) und einem Rucksack zu viel, wie wir in Chennai feststellten. Allerdings hätten wir hier schon fast den nächsten Teilnehmer verloren, obwohl wir bis jetzt noch nicht verstehen, warum sie den Stempel nicht wie alle andern bekommen hat...
Aber als wir dann endlich alle den Stempel in unserem Visum hatten (was fast schwerer ist als und die USA einzureisen) und uns auf die Suche nach unserem Gepäck gemacht haben, lagen alle unsere Rucksäcke schon neben dem Gepäckband, das längst abgeschaltet war. Alle Rucksäcke, inclusive des einen Rucksacks, dessen Besitzer vorerst in Paris festsaß. Also haben wir schon auf dem Flug genug Material für eine Karriere als „Storyteller“ gesammelt.
Als wir es dann endlich aus dem Flughafen raus geschafft haben empfing uns feucht-warme Luft, die auch bis jetzt noch immer nicht verschwunden ist. Mit dem Taxi ging es dann zum Bahnhof, an dem Hr. Anton als erster aber wie wir feststellen dürften nicht letzter, aufgrund seiner Hautfarbe um ein Foto gebeten wurde. Hier machten wir es uns erstmal für die Nacht gemütlich, weil der erste Bus nach Mamallapuram, unserem eigentlichen ersten Ziel fuhr erst am Morgen.
Einen Tag nach uns stießen auch die beiden verlorenen Mitglieder der Gruppe in Mamallapuram zu uns, nach viel Suche nach einem Gepäckstück, das nicht in Chennai gelandet sein konnte (obwohl es das offensichtlich war) und damit das Flugzeug eigentlich nicht hätte abheben dürfen, weil Herrenloses Gepäck an Bord ist definitiv verboten.
Kaum den Flughafen verlassen, wurden wir als orientierungslose Touristen entlarvt (- der Busfahrplan wurde seit letztem Jahr geändert sodass wir nicht mehr wussten zu welcher Haltestelle wir mussten).
Nachdem uns einige Zeit lang sehr hartnäckig eine Taxifahrt angeboten wurde, mussten wir uns zugestehen, dass wir keine andere Möglichkeit hatten zu welchen Busbahnhof auch immer zu gelangen. So schlossen wir auch schnell Bekanntschaft mit den inoffiziellen indischen Verkehrsregeln, die für den Außenstehenden ausschließlich aus Hupen zu bestehen scheinen. Schnell, mit interessanten Überholmanövern und indischer Musik aus dem Lautsprecher des Taxis fuhren wir durch die warme Nachtluft Indiens Richtung des Busbahnhofs Chennai. Für diejenigen die das erste Mal in einer solchen Stadt waren, war eine Überladung der Sinneseindrücke vorprogrammiert: Unzählige Leuchtreklame, die Vielzahl der kleinen Shops an den Straßenrändern, und bedeutsam mehr Hunde als Kühe.
Am geschäftigen Busbahnhof angekommen suchten wir uns schnell ein Plätzchen um dort, wie sehr viel Inder, die allerdings im Gegensatz zu uns oft nur auf Zeitungen oder dem bloßen Boden schliefen, ein wenig schlafen zu können. Am nächsten Tag ging es mit dem ersten Bus nach Mamallapuram, die Stadt in der wir die nächsten 3 Tage verbringen würden. Nach einchecken in unsere Unterkunft und dem ersten indischen Frühstück, machten wir uns auf zu einem wunderschönen Strandspaziergang, welcher mit Kühen am Strand aber auch den ersten Einheimischen, die nach Selfies mit uns fragten oder uns Ketten verkaufen wollten, auch wunderschön blieb bis Hr. Anton und erzählte, dass das Abwasser der kleinen Stadt kurz vorher ins Meer geleitet wird. Ins Meer schwimmen gingen wir daraufhin also an einer anderen Stelle.
Abends besuchten wir dann unter anderem Ganesha's Butter Ball, einen sehr großen, runden Felsen, der trotz starker Schieflage nicht herunterrollt. Am schönsten war jedoch der Sonnenuntergang, den wir von ein paar Felsen in der Nähe beobachteten.
Am nächsten Tag besichtigten wir daraufhin zwei Tempelanlagen, einer davon der Strandtempel, welcher lediglich noch dadurch, dass er durch Bepflanzung vor der Erosion durch das Salzwasser geschützt wird, erhalten ist. Die Fünf Rathas sind ebenfalls sehr alte Tempel, mit der Besonderheit, dass man hier die Entwicklung des Tempelbaus sehr gut nachvollziehen kann. Anfangs wurden in Tempeln lediglich in schon mehr oder weniger vorhandene Steinhöhlen Götterbilder eingehauen. Später wurde man detailliert und schlug nun mehr Teile aus dem Felsen heraus. Dieser war so zwar immer noch an einem Stück aber dennoch sah er nicht mehr wie eine Höhle aus. Die letzte Stufe bestand dann eben daraus einzelne Steine zu einem Tempel zusammenzufügen.
Am nächsten Tag hieß es dann Abschied nehmen von Mamallapuram und mit dem Bus auf zu einem weiteren Abenteuer bei der PMD.
PMD
Dienstag, der 25.09.2018
Frühmorgens (nach indischen Verhältnissen) brechen wir auf zur PMD (People’s Multipurpose Development Society). Waghalsig steigen wir in einen besonders vertrauenswürdigen Bus, der zwar keine Türen, dafür aber vergitterte Fenster besitzt; Richtung Villupuram.
Dem Sicherheitsstandart entsprechend, fällt Finns Rucksack bei voller Fahrt auf aus dem offenen Bus. Glücklicherweise erbarmt sich der Busfahrer sofort und stoppt einen Kilometer später das Gefährt. Es hilft ein edler Motorradfahrer das entflohene Gepäckstück wiederzufinden. Die nächste Busfahrt ereignet sich ohne große Zwischenfälle, jedoch zeigt sich, wie öffentlicher Verkehr in Indien aussieht. Ein Bus, etwas kürzer als zum Beispiel das Trierer Modell, hält gut das doppelte an Passagieren und spart durch weggelassene Sicherheitsmaßnahmen überflüssigen Ballast ein. Interessanterweise besteht die Besatzung des Busses nicht nur aus Busfahrer, sondern aus Kondukteur und Schaffner, welcher die Fahrkarten während der Fahrt verkauft. Letzter ist zudem mit einer Trillerpfeife ausgestattet und sorgt so für Rückfahrsignal sowie Ansage der Haltestellen. Trotz der wilden Fahrt im überfüllten Bus scheinen die Inder kaum beeindruckt. Die inflationäre Verwendung der Hupe anstatt der Bremse hat dazu geführt, dass das Warnsignal an Bedeutung verloren hat und nicht mehr ernstgenommen wird. Nur der von Ampeln und Vorfahrtsregeln Verwöhnte zuckt zusammen. Fasziniert kann man hingegen von der Vielfältigkeit der Hupensprache aller Verkehrsmittel sein. Oft mit mehreren Hupen ausgestattet, kann so universell verständlich jeder Situation mit Sturköpfigkeit begegnet werden.
Der Straßenverkehr ist aufgrund aggressiven Fahrverhaltens nicht ungefährlich. Es fällt bei genauerer Betrachtung jedoch auf, dass jeder mit Ungeduld versucht, sein Ziel möglichst schnell zu erreichen, doch trotzdem auf den anderen Acht gibt und nachgeben kann, wenn es klar wird, dass man ansonsten nicht voran kommt.
Gerade als wir in Villupuram eintreffen, kommt auch schon der Bus der PMD. Auf der Fahrt zum PMD-Zentrum in Mangalapuram wird die Gegend um einiges ländlicher, da nun viel mehr grüne Felder eine weite Sicht ermöglichen. Auch ist hier weniger Müll an Straßenrand zu finden, als das in der Stadt der Fall war. Die Luft deutlich reiner und die Kühe sehen wesentlich gesünder aus.
Angekommen im PMD-Komplex werden wir vom Präsidenten der PMD, Dr. A. Arokiasamy, als deutsche Delegation empfangen und uns wird sofort ein gar köstliches Mittagessen serviert. In einer anschließenden Pause richten wir unsere Zimmer ein. Das Gebäude macht einen gepflegteren Eindruck, als das Hotel der ersten beiden Tage und bietet wesentlich mehr Platz. Zudem sorgt der farbenfrohe Anstrich für eine gute Laune.
Den Magen gefüllt und die Taschen geleert, begeben wir uns zu einem Tempel auf Panamalei Hill. Dort haben wir einen schönen Ausblick auf die Region. Doch nicht nur wir erklimmen den Berg, auch eine Bande Affen hüpft in der Tempelanlage herum und labt sich an weggeworfenen Essensresten.
Zurück im PMD-Zentrum wird der restliche Aufenthalt besprochen und uns die legendären PMD-Taschen überreicht. Anschließend wird sehr gut zu Abend gegessen. Es folgt ein geselliger Abend.
Mittwoch, 26.09.2018
Mit einem milden und trotzdem ausführlichem Frühstück wird der Tag begonnen, um sich dann direkt in die Ortschaften rund um das PMD-Zentrum zu begeben.
Zuerst besuchen wir die Anayeri School, wo uns etwas von Grundschülern vorgesungen wird, was wir sofort mit einem mehr oder minder eingeübten Lied erwidern. Bei der Besichtigung der Klassenzimmer fällt auf, dass Schreibtafeln unten an der Wand befestigt sind. Man kann erkennen, dass am Boden Diktate und andere Tests geschrieben werden. In einer Vorstellungsrunde offenbart sich, dass nahezu alle Schüler später selbst Lehrer werden möchten.
Auch besuchen wir das MHC (Maternal Health Center) unter Leitung von A. Anbarasu, dem Sohn Dr. A. Arokiasamys. Zuerst werden uns die Operations- und Behandlungsräume gezeigt, dann uns ein schmackhaftes Mittagessen serviert. Praktischerweise werden anstatt Tellern große Palmenblätter als Unterlage benutzt. A. Anbarasu erklärt die Entwicklung und das Vorgehen des MHC und verdeutlichtet die Reichweite der Hilfs- und Informationsgruppen anhand eines Zusammentreffens mit Müttern und schwangeren Frauen, die diese in Anspruch nehmen und leiten. Es herrscht eine großartige Stimmung. Lisa und Anita lehren der versammelten Frauengruppe, wie man eine stabile Seitenlage herstellt.
Wir fahren weiter in die Dörfer hinein und halten in zwei Ortschaften (Mel Arungunam und Nellumalai), um den Stand des Milchkuh-Projekt zu sehen. Dort stehen Häuser oder eher Hütten, die einem Verschlag ähnlich, aus fensterlosen Wänden und Böden aus Stein und aus Dächern aus geflochtenen Palmblättern bestehen. Es geschieht ein Austausch mit den Frauen, die Kühe besitzen, darunter landlose und besitzende. Stolz präsentieren uns die Besitzerinnen ihre Tiere und berichten, wie sie das entstehende Einkommen, die Investition und den Kredit verwalten. Auch findet Aaron heraus, dass Kühe Gras essen. Im nächsten Dorf wird uns das Vieh auf den Feldern gezeigt und eine Schar Kinder fordert uns zum Spiel auf. Wir machen mit, doch als aus der kleinen Schar eine ganze Horde wird, brechen wir wieder auf. Inmitten der Felder klaffen große und tiefe Löcher, die als Brunnen dienen. Trotzdem laufen die Kinder so unbedacht über die Landschaft, als bestünde keinerlei Gefahr.
Da es schnell dunkel wird, bleiben wir nur kurz bei der Milchsammelstation, wo der Ertrag anhand von mehreren Qualitätsmerkmalen, darunter Fettgehalt, gemessen und dementsprechend dem Lieferanten angerechnet wird
Abends wird zurück im PMD-Zentrum zu Abend gegessen und der Tag in einem sogenannten „General Sharing“ besprochen. Zudem bekommen wir als Geschenk speziell beschichtete Metallbecher, die dem Wasser Mineralien zusetzen. Angeblich die gesündeste Variante, ein Getränk zu sich zu nehmen.
Donnerstag, der 27.09.2018
Nach einem Frühstück besuchen wir die Odiyathur School, jedoch sind aufgrund der Ferien keine Lehrer und nur wenige Schüler erschienen. Stattdessen werden uns die Klassenzimmer präsentiert, ein nah gelegener Hochleistungsbrunnen der PMD gezeigt und ein Freund und Autor der PMD namens Vettivel hält eine Stunde Geschichtsunterricht zu bedeutenden indischen Politikern. Auch offenbart sich der Intellektuelle in dem späteren „General Sharing“ als schlagfertiger Redner.
Zurück im PMD-Zentrum folgt ein Gespräch mit weiteren Schülern und Studenten, allesamt Mädchen. Um die verhaltene Stimmung zu lockern, zeigen wir nach einer Fragerunde Fotos von Deutschland und unseren Behausungen. Im Kontrast zu diesem ruhigen Tagespunkt, steht das Volleyballspiel mit der Dorfjugend, zu dem sich allein Jungs einfinden. Trotz gemischter Teams zeigt sich, dass die Inder wesentlich mehr Ballbeherrschung besitzen und dies auch nicht zu verbergen gedenken. Nach der katastrophalen Niederlage begeben wir uns vernichtet zum Anwesen von Dr. A. Arokiasamy und Mrs. Sagayamary, wobei jedoch ein Stromausfall die „Tea Time“ unterbricht.
Anschließend wird uns auf der Bühne des PMD-Zentrums ein „Cultural Program“ geboten. Zu indischer Pop-Musik tanzen zuerst nur ortsansässige Kinder, dann werden wir auf die Bühne gebeten, wobei zuerst nur die weibliche Seite mutig genug ist. Schließlich zum letzten Lied, erbarmen sich dann auch die verbliebenen Jungs. Nach einem wilden, rauschartigen Tanz ist die Stimmung aufgelockert, man ist in Scherzlaune und setzt sich in einer Gruppe zusammen. Nach einem Abendessen und dem „General Sharing“ wird das freundschaftliche und ungezwungene Gespräch fortgesetzt und man verbringt einen geselligen und langen Abend.
Freitag, der 28.09.2018
Nach einem letzten grandiosen Frühstück folgt die Verabschiedung. Dr. A. Arokiasamy hält eine letzte Ansprache und bedankt sich für unsere Aufmerksamkeit während des Besuches. Wir unsererseits bedanken uns für die hervorragende Beherbergung und die Einsicht gebenden Erlebnisse. Anschließend werden wir zum Bahnhof gefahren, wo wir bis in den Zug und auf den Sitzplatz begleitet werden.
Die Zugfahrt verläuft reibungslos ohne rebellierende Gepäckstücke.
Kombakonam und Thanjavur
Der Tempel besteht aus Sandstein und ist der hinduistischen Gottheit Shiva geweiht. Der Baubeginn wurde 995 durch Rajaraja I. veranlasst, wofür Steine von einem 45 Kilometer entfernten Steinbruch geholt werden mussten, weil es in der Nähe keinen Granit gab. Er gilt als einer der bedeutendsten Tempel Südindiens und gehört als einer der drei „großen Tempel der Chola-Dynastie“ zum Weltkulturerbe der UNESCO. Wie auch bei den anderen Tempeln, müssen wir am Eingang unsere Schuhe abgeben und dürfen die Anlage dann erst betreten. Wir beginnen direkt mit der Führung, die sehr informativ und interessant ist. Uns werden viele Besonderheiten gezeigt, die uns ohne der Führung wahrscheinlich gar nicht aufgefallen wären. Zum einen wächst dort ein Baum, unter dem frisch verheiratete Menschen um ein Kind beten. Aber auch bedanken sich dort die Menschen, die ein Kind bekommen haben. Eine weitere Besonderheit war ein europäisches Symbol auf dem Tempel. Marc'o Polo ist abgebildet und gegenüber von ihm seine Frau. Die Tempelanlage war besonders schön, denn der Brihadishvara-Tempel ist ein Bauwerk des Dravida-Stils. Charakteristisch dafür sind der Vimana, der Turm, der aus einer hohlen Stufenpyramide und einem kuppelartigen Aufsatz besteht und die Verwendung von gleichartigen großen Steinblöcken. Dieser Turm ist auch auf dem folgenden Foto zu erkennen. In der Mitte des Tempelgeländes befindet sich auch die mit einer Höhe von 3,7 Metern dritthöchste Nandi-Statue Indiens.
Danach besichtigen wir den Maratha-Palast. Der königliche Palast von Thanjavur ist eine Mischung aus Ruinen und Renovierung, hervorragender Kunst und beliebiger königlicher Ausrüstung. Im Thanjavur Palace befindet sich die berühmte Saraswathi Mahal-Bibliothek, eine Kunstgalerie und das Königliche Museum mit einer interessanten Sammlung an Artefakten, Gemälden, Büchern und anderen Erinnerungsstücken . Aber auch kann man ein Skelett eines 92 Fuß großen Wals anschauen, der 1955 in der Nähe von Tranquebar an Land gespült wurde. Auch schön war die Darbar-Halle, dessen Wände und Decken mit detaillierten Stuckfiguren von Göttern und Göttinnen bedeckt sind. Danach haben wir noch etwas Zeit in kleineren Gruppe die Stadt zu erkunden. Am Abend verlassen wir wieder gemeinsam das Hotel und gehen zusammen essen.
Madurai
Warum war es auf einmal so still? Das fragten wir uns, als wir in der großen Pilgerstadt Madurai angekommen auf unserem Fußweg ins Zentrum plötzlich weder Hupen noch sonstigen Verkehrslärm wahrnehmen konnten. Gewohnt von allen anderen bisher besuchten Städten, die zwar offiziell „Fußgängerzonen“ aufwiesen, was aber keineswegs bedeutete, nicht jede Sekunde der Gefahr ausgesetzt zu sein, überfahren zu werden, erschien uns die Tatsache, dass es sich hierbei um eine wirklich autofreie Zone handelte, unglaublich. Entsprechend angenehm war es dann auch, durch die Gassen um den riesigen Meenakshi-Sundareshwarar Tempel herum zu schlendern und sich in aller Ruhe die vielfältigen Souvenir-Angebote der einzelnen Stände anzuschauen. Wobei natürlich gesagt werden muss, dass die Händler in dieser Touristenmetropole um einiges aufdringlicher auftraten als wir es bis dahin erlebt hatten. Folglich verließen nicht wenige von uns den Schneidermarkt mit vollgepackten Einkaufstüten in den Händen...
Kaum zu glauben, dass, ähnlich beeindruckt und bestaunend wie wir als heutige Touristen, schon vor 2000 Jahren Griechen, Römer und Chinesen durch diese Stadt spazierten. Als Hauptstadt des Pandya-Reiches entwickelte sich Madurai nämlich bereits in der Antike zu einer bedeutenden Kaufmannsstadt mit wichtigen Handelsbeziehungen zum Ausland. Aufgrund ihrer Pracht wurde sie sogar lange Zeit als „Athen des Ostens“ bezeichnet. Mit Seide, Perlen und Gewürzen als kostbare Handelsware gelangte Madurai schließlich zu einem Reichtum, der es erlaubte den Tempel Meenakshi-Sundareshwarar zu erbauen, nach wie vor eine der größten von Menschenhand geschaffenen Sehenswürdigkeiten des Südens. Unzählige mythologische Figuren in jeglichen denkbaren Farben schmücken die riesige Anlage, welche von einer 6 Meter hohen Mauer quadratisch umgeben ist. Auch wenn ein Großteil des enormen Tempelkomplexes während der Nayak-Ära (16.-18. Jhd.) entstand, blicken andere Teile auf ein gutes Stück längere Geschichte zurück.
Beim Schlendern durch die Arkaden ergibt sich ein Blick auf das riesige Wasserbecken im Innenhof, zu dem ringsum Treppenstufen hinabführen. Bekannt als „Teich des Goldenen Lotus“ (Pottamarai Kulam), in dem schon der Gott Indra gebadet haben soll, wird es von Gläubigen vor dem Betreten der innersten Heiligtümer (ausschließlich Hindus zugänglich) zur rituellen Reinigung genutzt. Darunter fallen, als die beiden bedeutendsten Schreine des Tempels, die für Meenakshi (eine Erscheinungsform von Parvati) und für Sundareshwara (Shiva) gewidmeten.
Eine Legende besagt, dass die Göttin Meenakshi als Antwort auf die Bitte eines Pandya-Königs um einen Sohn aus einem Opferfeuer hervortrat. Als wäre der Anblick einer weiblichen Erscheinung nicht Überraschung genug, stellte sich heraus, dass Meenakshi drei Brüste hatte. Alles in allem schien sie jedoch eine absolute Schönheit zu sein, denn der Name Meenakshi bedeutet „fischäugig“, was in der indischen Poesie als unglaublich begehrlich empfunden wird. Zudem würde sie die dritte Brust verlieren, sobald sie ihrem Ehemann begegne, hieß es. Einige Jahre später, als Meenakshi die Pandya-Thronfolge übernommen hatte und zahlreiche erfolgreiche Kriege führte, mit dem Ziel die Welt zu beherrschen, erschien bei einem Kampf auf einmal Shiva auf dem Schlachtfeld. Bei seinem Anblick verlor Meenakshi schlagartig ihre dritte Brust, die Prophezeiung erfüllte sich folglich; die beiden ließen sich in Madurai trauen und regierten nun gemeinsam über das Pandya-Reich.
Ihre Schreine stellen heute den Mittelpunkt eines beliebten Fruchtbarkeitskultes dar, welcher die Regeneration und somit den Fortbestand des Universums gewährleisten soll. Jeden Abend um 21 Uhr werden die tragbaren Statuen des göttlichen Paares in einer Prozession gemeinsam in das Schlafgemach des Tempels zu Bett gebracht.
Einige Schüler unserer Reisegruppe wurden sogar Zeugen dieses rituellen Schauspiels. Bei flackerndem Kerzenlicht, in wohlriechende Weihrauchwolken eingehüllt, sahen wir, wie die Sänfte durch die mächtigen Tempelgänge getragen wurde. Zwar blieben die „Götterpuppen“ leider während des gesamten Vorgangs für unsere Augen unzugänglich, doch allein die Atmosphäre des Zeremonie zu spüren, begleitet von traditioneller indischer Instrumentalmusik – ein ergreifendes Erlebnis.
Wer später am Abend noch einmal unser Hoteldach bestieg, dem wurde ein faszinierender Anblick auf den Mond geboten, welcher sich seinen Weg zwischen den vier bildschönen Tempeltürmen bahnte. Und wer sich am nächsten morgen früh genug aufraffte, der konnte das gleiche Schauspiel mit der Sonne beobachten.
Nach einem indischen Frühstück und einer Tempelbesichtigung bei Tageslicht machten wir uns dann, mehr oder weniger ausgeschlafen, zu unserer vierstündige Busfahrt nach Cumbum auf, dem Zwischenstopp auf der Reise zu unserem nächsten Etappenziel: Kumily.
Kumily
Zu elft in einem Jeep. – Was uns zunächst unglaublich beengt erschien, stellte sich schon wenig später als vergleichsweise luxuriös heraus. Auf unserer eineinhalb stündigen Fahrt von Cumbum in die Berge hinauf nach Kumily kamen uns nämlich auf einmal ständig bis oben hin mit Menschen vollgestapelte Jeeps entgegen. Wenn auch zum Teil im Kofferraum, so musste bei uns doch zumindest niemand auf dem Schoß eines anderen sitzen. Zwar wurde es trotzdem mit der Zeit, zugedeckt von einem Berg an Rucksäcken und Taschen, ein wenig ungemütlich, doch die atemberaubende Aussicht ließ uns dies beinahe vergessen. Durch wunderschöne dicht bewaldete Berglandschaften ging es immer weiter aufwärts, an saftig grünen Reisfeldern vorbei, bis wir kurz vor Einbruch der Dunkelheit Kumily erreichten – im strömenden Regen.
Nachdem dann aufgrund von Platzmangel in unserem Hotel schnell noch eine Unterkunft für die „überschüssigen“ Reisemitglieder gefunden worden war, freuten sich unsere hungrigen Bäuche schon sehnlichst auf das Abendessen. Doch auch hierbei wurde unsere Geduld auf eine harte Probe gestellt. Nach gefühlt zwei Stunden hatten aber zumindest einige von uns ihr bestelltes Essen, der Rest aß, was auf den Tisch kam. So konnten wir am Ende, alle gesättigt, mit großer Vorfreude den Abenteuern, die uns am nächsten Tag erwarten würden, entgegenblicken.
Kumily (03.10.2018)
Der erste Morgen in Kumily begann mit einem Frühstück im Ebony‘s Café, einem kleinen Restaurant, das die Lehrer zuletzt 2009 besucht hatten. Um pünktlich um 10 Uhr mit einer 3-stündigen Tour beginnen zu können, die am Vortag von den Lehrern für uns gebucht worden war, gingen wir bereits um 8:30 Uhr zu dem Café.
Doch erst um 9:45 Uhr bekamen die letzten Schüler ihr essen, sodass wir dann trotzdem zu spät startbereit waren. Angekommen vor dem Hotel, warteten bereits Herr Anton, Frau Ehmer und zwei Jeeps auf uns. Zuerst durften wir jeweils zu dritt für 30 Minuten auf Elefanten reiten. Für einige von uns wurde damit ein großer Traum erfüllt. Zwar war ein Großteil unserer Gruppe stark hin und hergerissen aufgrund der moralischen Bedenken, doch letztendlich überwog bei fast allen der Wunsch, diese einmalige Chance, auf einem Elefanten zu reiten, zu nutzen. Danach wurden wir zu der Teeplantage gefahren, wo wir auch den Pfeffer sehen konnten, der wohl der beste der Welt sein soll. Ähnlich wie Efeu kann Peffer an jedem Baum wachsen. Außerdem erfuhren wir, dass der Unterschied zwischen weißem, schwarzem und rotem Pfeffer nicht bei der Pflanze, sondern bei der Röstung liegt. Für den Tee werden die Blätter beziehungsweise die Triebe genommen, allerdings kann man auch noch die Blätter einer bis zu 100 Jahre alten Pflanze verwenden. Als wir die Blätter probierten, waren wir zuerst überrascht, weil sie nicht, wie erwartet, aromatisch schmeckten.
Der Tourführer Abbas fing zwischen den Pflanzen an, ein kleines Fotoshooting mit uns zu starten. Nach gefühlt hundert Fotos führten wir unsere Tour fort und besuchten einen Gewürzgarten. Während der Führung dort wurde uns beispielsweise ein Zimtbaum und eine Ingwerpflanze gezeigt.
Danach fuhren wir auf einen Berg, auf dem wir eine tolle Aussicht auf Kumily hatten. Auf diesem Berg fand Stefan eine Uhr, die er Herr Anton zeigte, um sich darüber zu informieren, ob sie jemandem von uns gehören könnte. Daraufhin antwortete Herr Anton wohl nur, dass keiner von uns eine solch hässliche Uhr besäße. Später stellte sich jedoch heraus, dass es Lisas Uhr war, die sie dort nur kurz ablegte und vergaß, weshalb Stefan und Lisa am Nachmittag mit der Rikscha auf den Berg fahren mussten. Auf der Rückfahrt zum Hotel kamen wir nicht mit dem Jeep durch den Schlamm, sodass wir alle aussteigen mussten, weil das Risiko zu hoch war, mit dem Jeep umzukippen. Nach einem kurzen Zwischenstop bei einer anderen Aussichtsstelle fuhren wir letztendlich doch noch sicher zum Hotel.
Dann hatten wir etwas Freizeit, in der sich viele von uns Gewürze für Deutschland kauften. Um sechs Uhr trafen wir uns mit Frau Kauffmann im Kadathanadan Kalari Centre, eine Halle, in der wir uns viele Kampftechniken anguckten. Hierbei handelt es sich um traditionelle Kampftechniken, die sich „Kalaripayattu“ nennt und zu den „martial arts“ gehört. Es fanden viele Kämpfe sowie eine kurze Feuershow statt. Zu dem Treffen mit Frau Ehmer und Herr Anton kamen wir, zusammen mit Frau Kauffmann, erneut zu spät. Im Ebony‘s Café beendeten wir unser Programm von dem aufregenden Tag mit einem „General Sharing“.
Die drei Lehrer informierten uns über einen neuen Projektvorschlag der PMD, über den wir uns unterhielten. Anschließend aß der Großteil der Gruppe dort zu Abend und lief auf Grund des Regens zurück zum Hotel.
Es war ein lehr- und erlebnisreicher Tag in Kumily.
TRIVANDRUM
Donnerstag; 04.10.
Nach dem Frühstück geht es mit dem Bus über übelkeitserregende Bergstraßen von Kumily hinunter nach Kottayam und von dort mit der Riksha zum Bahnhof, wo unser Zug in Richtung Trivandrum losfahren soll. In der Hauptstadt Keralas erwarten uns weitere Besuche bei Schulen und ein Austausch mit dem Goethe-Zentrum, einem lokal organisierten Modell des Goethe-Instituts. Unerwartet kommt es schon am Bahnhof Kottayams zu starken Regenfällen und damit verbundenen Zugverspätungen, die sich zusammen mit unserer ohnehin unverhofft frühen Ankunft des Busses zu einer langen Wartezeit unter den Überdachungen auswachsen.
Die Verzögerung zieht sich über Stunden und wird zur Geduldsprobe. Als der Zug, diesmal kein Sleeper, mit angehender Dämmerung eintrifft, steigt die Gruppe erschöpft ein und übersteht eine recht schweigsame Fahrt, die nur durch Vorfälle wie den versehentlichen Kauf einer feurigen Pepperoni wirklich erwähnenswert wird. Spät abends in Trivandrum angekommen begrüßt uns Raji, die im Rahmen ihres Stipendiums auch das AVG besucht hat und uns bei der Organisation der Reise unterstützend zur Seite stand. Wir werden in Autos zum Hotel gebracht; zum ersten Mal seit unserem Reisebeginn bewegen wir uns in solchen Gefährten, die über Türen und Anschnallgurte verfügen. Grundsätzlich und dazu passend atmet die ganze Stadt eine westlichere Atmosphäre als die besuchten Regionen Tamil-Nadus und die grüne Sauberkeit in Kombination mit den vergleichsweise ruhigen Straßen lassen den Eindruck aufkommen, man sei viel weiter von den Erfahrungen der letzten Wochen entfernt. Blickt man von oben auf die Metropole, so scheint es, als werde die Stadt von Palmen und Baumkronen verschluckt.
Zusammen gehen wir noch essen, dann ist es Zeit, sich für den nächsten Tag zu erholen, der lang zu werden verspricht.
Freitag; 05.10.
Da in der Sarvoda Central Vidyalaya noch am selben Tag Exams anstehen, werden wir bereits am frühesten Morgen zu einer begrüßenden Assembly erwartet. Ungewohnterweise transportiert uns in Trivandrum ein angemieteter Bus von Termin zu Termin und wir erscheinen pünktlich im Büro des ansässigen Schulleiters. Der Kontrast zu den ländlichen Schulen bei der PMD könnte kaum deutlicher wirken, als wir das riesenhafte und moderne Schulgebäude betreten; etwa das Doppelte der Schüler des AVGs erhält hier seine Bildung. Im Büro des Rektors zeigen Bildschirme die Übertragungen von Überwachungskameras, die überall auf dem Gelände installiert zu sein scheinen und durch ein Mikrofon kann der Principal mit seinen Ansagen den gesamten Komplex beschallen. Man tauscht Schulmagazine aus und führt eine kurze Unterredung, dann geht es auch schon zur Vollversammlung. In Reih und Glied begrüßt uns die uniformierte Schülerschaft; einige der Lernenden tragen Plaketten, die sie als Prefects hervorheben; und die Zeremonie wird streng hierarchisch eingeleitet. Immer wieder tritt im Verlauf seltsamerweise ein besonders strammer Schüler auf die Bühne und schreit "School Attention!", woraufhin das Publikum in kollektiver Einheit auf den Boden stampft und schweigt. Des Weiteren spricht eine Schülerin in souveränstem Englisch, der Schulleiter überreicht uns eine übergroße Trophäe und ein Geistlicher kündigt kryptisch an, man erwarte einiges von uns in den nächsten Tagen. Mit uns übergestreiften Blumenkränzen erfolgt nun noch ein Gruppenfoto innmitten der indischen Jugendlichen; am nächsten Tag werden wir es in der Zeitung wiederfinden, in der man uns als deutsche Delegation charakterisiert.
In kleinerer Runde sollen uns als nächstes Fragen gestellt werden und die zunächst zögerlichen Schüler zeigen schnell mit wachsendem Selbstbewusstsein ihre Neugier und stellen uns stolz ihr Motto vor: "Let there be light." Obligatorisch kommt es zum altbekannten Thema: Hitler und der Zweite Weltkrieg. Wie im Gespräch mit vielen anderen Indern müssen wir deutlich machen, wie negativ der sogenannte Führer des Dritten Reichs im modernen Deutschland betrachtet wird und es finden sich kaum Worte, deren Heftigkeit ausreichte, um das Missverständnis aufzuklären, bei dem Nationalsozialisten handele es sich um eine Art untergegangenen Volkshelden.
Leichtere Kost ist da das lang ersehnte Frühstück, bei dem uns das Kollegium der Schule bewirtschaftet. Danach erkundet die Gruppe die Naturwissenschaftsräume, die weniger Technik und dafür mehr Improvisation aufweisen als ihre deutschen Pendants.
Hervorstechend ist dabei eine eigens von Schülern angefertigte Gallerie konservierter Kadaver, in der von Katze bis Oktopus eine gewisse Artenvielfalt vertreten ist.
Von hier an geht es weiter zur CNIS, der zweiten Schule, die wir an diesem Tag besuchen wollen. Der Empfang beim Schulleiter verläuft ähnlich, wieder überrascht uns die ihm technisch verschaffte Übersicht. Etwas anders gestaltet sich dann jedoch die Assembly, bei der jedem Mitglied unserer Reisegruppe feierlich eine rote Rose überreicht wird und einige Mädchen eine disziplinierte Tanzchoreographie zum besten geben. Derart beeindruckt geht es nun in kleineren Teams in die Klassen, wo wir den persönlichen Kontakt mit den Schülern suchen sollen.
Was wir erleben, passt gut zu unserem Eindruck von Trivandrum: Man ist unserer Lebensrealität ähnlicher, teilt Hobbys, Lieblingsmusik und Erfahrungen, sodass die Gespräche unkomplizierter denn je verlaufen. Als die Glocke plötzlich läutet und das Ende des Schultags prophezeit, müssen wir zum Mittagessen, welches uns traditionell auf Bananenblättern serviert wird. Ein weiteres Mal behindert der ständige Regen Trivandrums die Weiterfahrt und als wir endlich im heimatlichen Hotel angekommen sind, bleibt noch gerade eine Stunde Pause bis zu unserem Treffen mit dem Konsul des Goethe-Zentrums. Diesem überbringen wir weitgeschleppte Geschenke aus Trier und man stellt uns die Philosophie der Institution vor. Jetzt soll es zu Kontakt mit den Deutschlernenden des Zentrums kommen, von denen sich einige gerade vier Monate lang dem Studium dieser Sprache widmen. Von Kindern bis hin zu Erwachsenen sind hier viele Altersgruppen vertreten, die aus den verschiedensten Gründen ein Interesse am Deutschlernen aufbringen. Ihre Leistungen sind beeindruckend und ein weiteres Mal fällt die Unterhaltung kaum schwer, sodass irgendwann beinahe unerwartet die Abenddämmerung einsetzt und wir weiterziehen. Nach dem Abendessen sind wir gleichermaßen gesättigt von den Erfahrungen und Eindrücken des Tages.
Samstag; 06.10.
Es steht nach dem vollen Programm des Freitags mit dem Beginn des Wochenendes ein freier Vormittag an. Neben Ausschlafen und Stadterkundung bedeutet dies auch das Schreiben von Postkarten, die im Rahmen der Postkartenaktion an Unterstützer unserer Unternehmung geschickt werden. Auch wenn nicht allzu viel passiert, wirkt sich der Tag erholend aus. Am Abend lädt das Goethe-Zentrum zu einer Feier des Tages der Deutschen Einheit, für dessen Festivität gerade die männlichen Vertreter der BRD hemmungslos underdressed erscheinen. Ungeachtet dieser Frechheit heißt man uns toleranterweise herzlich willkommen und die Gruppe wird Zeuge einer Rede der Generalkonsulin sowie einer musikalischen Darbietung virtuoser Kunstfertigkeit. Ähnlich kann man das Buffet beschreiben und da Salat ausnahmsweise erlaubt ist, stürzen sich die von Entzugserscheinungen geplagten Grünzeugfanatiker in animalischen Szenen auf das essbare Blattwerk. Mit edlem Auto geht es zurück zum Hotel; Zeit, sich den Luxus wieder abzugewöhnen.
Sonntag; 07.10.
Der immer häufiger niederprasselnde Regen zerschießt an diesem Tag nahezu unsere gesamten Planungen.
Einige Zimmer müssen zudem früher als gedacht geräumt werden; ein Besuch beim Basar wird schnell ungemütlich, die nahgelegenen Tempelanlagen sehen zwar beeindruckend aus, sind für unsereins aber gesperrt und nach dem Mittagessen fahren wir schon in Rikshas zum Bahnhof.
Das Ziel ist Allepy, wo die Gruppe ein gemütliches Abendessen mit Meerblick zu sich nimmt und so trotz allem zu einem schönen Ausklang des Tages findet.
Das angedachte General Sharing auf der Dachterrasse des neuen Hotels muss früher als geplant abgebrochen werden; Grund sind wieder einmal Niederschläge, die derartig laut auf das Wellblechdach donnern, dass Verständlichkeit zum Fremdwort wird. Sie sind die Vorboten nächtlicher Stromausfälle, die in den letzten Stunden unserer zweiten Woche in Indien erfolgen werden.
09.10. - Ankunft in Gokarna
Den ersten Blick des Tages gen Wand des Nachtzugs gerichtet, erwacht die Gruppe in ihren notdürftigen Betten des Wagons und bereitet sich auf das Aussteigen vor; unsere Haltestelle möge bald erreicht sein. Die Reise nach Gokarna kann weitergehen. Der Bahnhof könnte kaum ländlicher sein, zwei Schienen, ein kleines Hauptgebäude und vor dessen Toren nicht mehr als eine Landstraße, die in Richtung Jungel zu führen scheint. Zwischen Warten und Wandern hin und her gerissen entschließen wir uns, der Straße in der Hoffnung auf herumschwirrende Rikschas zu folgen. Eher mißmutig wird das Gepäck hochgehievt und wir laufen los, bis wir dann glücklicherweise keine 100 Meter weiter auf eine Herde Rikschas treffen, welche uns zu unserem gewünschten Reiseziel fährt: dem Busbahnhof. In einer mäßig bequemen Spritztour, steigen wir nach ca. 10 Minuten vor der Busbrigatte aus. Kurz nach dem richtigen Bus gefragt sitzen wir auch schon in unserem fahrbaren Untersatz, oder zumindest sitzen die meisten, drei unglückliche Seelen, dürfen dummdreist im Gang stehend die vorbeifließende Landschaft genießen, während uns akute Brems- und Lenkmanöver fast jedes Mal von den Füßen reißen. Nach diesem, stehen wir nun schließlich auf Gokarnarem Boden. Unsere Einweihung erfolgt durch einen Zehn-Minuten Marsch zu unserem Hotel, auf dem wir schon einen guten Eindruck der Küstenstadt bekommen. Gokarna ist mit ca. 14.000 Einwohnern zwar relativ klein, vor allem im Vergleich mit anderen Städten, jedoch ist sie durch ihre mehreren, schönen Strände und ihre sehr wichtigen Tempel äußerst beliebt bei Pilgern und Touristen. Und den touristischen Einfluss bemerken wir auch sofort. Eine Mischung aus Touristenmeile und ländlichem Fischerviertel erstreckt sich vor uns, eine charmant stadtgroße Hafenspelunke geprägt durch den Tourismus der Europäer, von denen wir mehr treffen, als mir lieb ist. Seltsam ernüchternd ist eine solche Erscheinung, mit der Angst konfrontierend, nicht weniger Urlaubstourist zu sein als jener weißhäutige Gegenüber. Doch für solch melancholische Fragen bleibt keine Zeit; es gilt nach dem Einchecken, die Stadt zu erkunden und, wie es sich für gute Besucher gehört, finanziell zu fördern. Unser Geld willkürlich an etliche Straßenhändler verteilend bemerken wir schnell, dass vielen von uns das Feilschen nicht liegt. Man lässt sich doch so schnell von Lobpreisungen einlullen und will sich ja schließlich keine Feinde machen. Was jedoch wieder einmal ein Event bleibt, ist das Meer, welches wir zwar noch nicht zum schwimmen betreten dürfen, dessen Präsenz aber direkt die Stimmung hebt. Gokarna ist ein sehr entspannender, aber trotzdem aufregender Ort. Während man sich als Tourist ständig im Mittelpunkt aller Handelsgespräche sieht, ist es hier auch wieder erstaunlich ruhig. Man merkt, dass die Stadt trotz der vielen Touristen ihre Wurzeln als Tempelstadt behält und nicht dem Trubel unterliegt. Diese Stadt ist ein purer Kontrast, aus Ruhe und Erleben, aus Tempelstadt und Touristenfalle, aus Kultur und Kapitalismus, aber ein wunderschöner. So sitzt man am frühen Abend da, mit neuem Schmuck und Hemd bekleidet, in einem Restaurant (oder auf gut indisch "Hotel"), lässt Geschichten und Gedanken durch die Runde gleiten und legt sich am Ende des Tages mit dem schönen Wissen zur Ruh, dass heute niemand auf dem Boden schlafen muss. Das Ventilatorrauschen singt uns in den Schlaf.
10.10. - Reise an den Strand
Als Ziel des zweiten Tages gilt nun der Strand, beziehungsweise der Om-Strand, einer von mehreren Stränden Gokarnas, welchen wir in einer einstündigen Reise aufsuchen wollten, in der Hoffnung, dort frei schwimmen zu können, da die restlichen Strände in der Nähe wegen zu starkem Wellengang gesperrt sind. So machen wir uns am Vormittag auf, noch rechtzeitig für reichlich Badespaß anzukommen. Der Weg führt uns durch viel unterschiedliches Terrain, darunter auch die Tempel von Gokarna, welche wichtige Sehenswürdigkeiten für die Stadt darstellen. Die Stadt ist ein wichtiges Pilgerziel und ist durch seine Vielzahl an Tempeln als äußerst heilig angesehen. Diese lassen sich zwar oft von Touristen nur von Außen betrachten, jedoch ist ihre Präsenz durchgehend klar bemerkbar. Der wichtigste Gott für Gokarna ist Shiva, daher kommt auch der Name der Stadt, welcher übersetzt “Kuhohr” heißt, da angeblich hier Shiva aus seiner Kuhform Prithvi herauskam. Der Weg selbst ist eine Mischung aus Hügelkletterei, Dünenwanderung und Strandspaziergang, wobei die Furcht davor, auf vom Meer angeschwemmte Quallen zu treten, sowie die recht großen Wellen die Entspannung aus dieser eigentlich leicht klingenden Aufgabe nimmt. Doch kommen wir letztlich, grob betrachtet unversehrt, am Strand an und finden als unsere neue Herberge sofort eine Strandbar, welche uns, wohl schon wegen ihrer hohen Preise, gerne aufnimmt. Mit Lassi und Pommes gestärkt, geht es nun ab ins Meer, wo das angenehm warme Wasser die Gemüter entzückt und für viele Stunden unterhält. Einige fangen an, am Strand Sandbildnisse zu errichten, andere wiederum erfinden fragwürdige Wasserspiele, welcher in erster Linie wohl nur dazu dienen, die anderen durch den Kakao zu ziehen, oder wohl eher durch die Wellen. Ein paar wagemutige Freigeister entscheiden sich noch zu einer Klettertour, welche waghalsige aussieht als sie schließlich ist, sich jedoch schon für den sehr schönen Ausblick lohnt. Am Ende des Tages verabschiedet sich die Gruppe nach und nach in Richtung Hotel, einige fahren mit der Rikscha, andere wandern als Gruppe zurück. Wieder andere nehmen sich vor, Rikscha zu fahren, nur um den viel zu hohen Preis abzulehnen, den Weg daraufhin gehen zu wollen, sich zu verlaufen, nur um schließlich doch eine überteuerte Rikscha zu nehmen. Zum Abend hin findet man sich nochmal in einem Restaurant zusammen, man bespricht die bisherige Reise und organisatorische Dinge und verabschiedet sich für die Nacht in seine jeweiligen Zimmer.
11.10. - Abreise aus Gokarna
Als wir am nächsten Morgen erwachen, werden wir schon mit ersten schlechten Nachrichten konfrontiert. Zwei Schüler der Gruppe waren gestrige Nacht erkrankt und müssten in Gokarna auf einen Arzt warten. Somit muss die restliche Gruppe ohne die beiden, plus einem Lehrer als Aufsichtsperson, weiterreisen, was die Stimmung nicht sonderlich hebt. Während des Verlaufs der Reise zur nächsten Ortschaft wird es allerdings nicht besser, als ein weiteres Mitglied der Gruppe ebenfalls erkrankt, was die Reise weiter erschwert. Nach einer recht langen Busfahrt und durch Krankheit erschwerten Reise zum Bahnhof saßen wir schließlich alle im Zug und tuckerten zu unserem nächsten Ziel: Hampi.
Mysore 14.-15. Oktober
Am Samstag machen wir uns abends auf den Weg vom wunderschönen Hampi nach Hospet, wo wir am Bahnhof auf den Nachtzug warten, der uns nach Mysore bringen soll. Der Zug kommt mit drei Stunden Verspätung an, sodass wir letztendlich alle sehr müde um null Uhr in den Sleeper-Wagen steigen, um endlich zur Ruhe zu finden. Ein paar müssen sich noch mit Indern auseinandersetzen, die ihren Platz nicht aufgeben wollen, obwohl wir reserviert hatten. Letztendlich muss Herr Anton eingreifen und wir können endlich in einen mehr oder weniger ruhigen Schlaf fallen. Am nächsten Morgen wacht man auf um den neugierigen Blicken einer indischen Großfamilie zu begegnen, aber daran haben sich die meisten mittlerweile schon gewöhnt, auch wenn es manchmal immer noch komisch ist, wenn man von bestimmten Menschen unablässig angestarrt wird.
Der Zug verspätet sich leider noch mehr, sodass wir mit insgesamt sechs Stunden Verzug in Mysore ankommen. Während unseres Aufenthalts in Mysore finden gerade die Festlichkeiten des Mysuru Dasara statt, einem zehn Tage langen Fest, welches den Sieg des Guten über das Böse zelebriert. In den hinduistischen Legenden war es der Tag an dem die Göttin Chamundeshwari den Dämon Mahishasura umbrachte, sodass die Stadt während des Festivals die Krieger und den Staat feiert, die für das Gute gekämpft haben. Wir können sogar einen Blick auf die Parade erhaschen, wo unteranderem geschmückte und bemalte Elefanten und viele verkleidete Fußgruppen mit Trommeln mitgehen.
Später am Abend gehen wir alle zusammen zum Palast in Mysore, der zu den berühmtesten Palastbauten in ganz Indien zählt. Er war Residenz der Maharajas des ehemaligen Fürstenstaates Mysore, deren Nachfahren noch heute einen Teil des Palastes bewohnen. Der Palast trägt den Namen Ambas Vilas und wurde 1897 bis 1912 für über vier Millionen Rupien nach Entwürfen des britischen Architekten Henry Irwin erbaut. Während des Festivals wird der Palast jeden Abend mit abertausenden Glühbirnen beleuchtet, normalerweise findet das „nur“ jeden Sonntag statt. Solch ein Stromverbrauch bringt natürlich auch enorme Kosten mit sich.. Der Anblick des Palasts hat sich aber auf jeden Fall gelohnt, auch wenn der Vorplatz des Ambas Vilas vollgepackt mit Menschen war und es irgendwann anfing zu regnen.
Am nächsten Tag fahren wir zur ODP (Organization for the Development of People), einer NGO, die uns bei unserem langjährigen Cowdalli-Projekt unterstützt. Wir Schüler bekamen eine PPP zu sehen, die uns über die Arbeit der ODP aufklären sollte. So wurde besonders ausführlich über die landwirtschaftlichen Projekte berichtet, wo z.B. Teiche gebaut werden, um Wasser zu sammeln oder Gräben neben den Feldern gegraben werden, um dort Wasser zu sammeln, wenn es dann endlich mal regnet. Die Menschen sollen auch über die Vorteile von Bio-Dünger aufgeklärt werden, sodass sie nicht auf chemische Mittel angewiesen sind. Zudem gibt es mehrere Hundert Selbsthilfegruppen für Frauen, die vor allem auf das Handlungsfähigkeit der Frauen abzielen. Die wenigen Selbsthilfegruppen für Männer beschäftigen sich eher mit den landwirtschaftlichen Aspekten.
Es wurde außerdem von der sogenannten Children Line berichtet, was eine Nummer ist, die man anrufen kann, wenn man Kinder in Not vorfindet, sodass diese versorgt werden. Zudem will die ODP Kinderheirat als auch die Mitgift verhindern. Das große Ziel ist die Schere zwischen Arm und Reich zu verkleinern, sprich die Armen möglichst gut in die Gesellschaft zu integrieren. Die ODP stellt zusätzlich als non-profit Organisation Schuluniformen her und verkauft Schulhefte für Preise, die sich auch die armen Menschen leisten können.
Mysore ist zudem für Sandelholz bekannt, welches jedoch teuer ist, da man eine Erlaubnis der Regierung braucht, um es abbauen zu dürfen.
Am Montag dem 15.10 reisten wir weiter zu unserem nächsten Projekt in Cowdalli. Seit bereits zwanzig Jahren finanzieren wir die Schule dort und Cowdalli war eins der Hauptziele unserer Reise. Den Vormittag verbrachten wir bei der ODP und nahmen dann gegen Mittag den Bus weiter nach Cowdalli. Unsere Busfahrt dauerte ca 3 Stunden lang und wir fuhren durch viele kleinere Dörfer in die ländliche Gegend hinein, weg von dem sogenannten Großstadtdschungel. Als wir dann endlich in Cowdalli ankamen dauerte es nur wenige Minuten bis wir die St. Anthonys school erreichten. Dort wurden wir herzlich von Father Santosh und einigen Lehrern in Empfang genommen. Zwei Nächte standen uns zwei große Klassenräume zu, in denen wir unsere Sachen absetzten und uns so fern es ging, einrichteten. Bald danach wurde das Abendessen für uns serviert und es schmeckte uns allen sehr gut, insbesondere nach der etwas längeren Busfahrt. Dort trafen wir auch die FSJ-lerin Sara, die zwei Monate zuvor aus Trier nach Cowdalli ging um dort an der Schule ihren Freiwilligendienst zu absolvieren. Sie zeigte uns ihr Zimmer und wir tauschten uns alnge über die verschiednsten Dinge aus. Nach dem Essen gingen wir alle zu Bett und schliefen bis uns um 5 Uhr morgens der Ruf des Muezzin weckte.
Nach einem sehr ausgewogenen Frühstück wurde morgens eine Versammlung der Schule abgehalten, bei der jede Menge Schüler verschiedener Altersklassen teilnahmen. Wir betraten die Essembly (die auf dem Schulhof abgehalten wurde) hinter einem kleinen Orchester, die vor uns einmarschierten und feierliche Musik spielten. Wir wurden von allen Schülern neugierig beäugt und mit einem herzlichen Applaus begrüßt. Die Schüler und Schülerinnen der St Anthonys school hatten für uns verschiedene Tänze und Stücke vorbereitet, unter anderem auch einen Auftritt, bei dem ein Junge auf eine sehr überzeugende Art und Weise Tiergeräusche nachahmen konnte. Aber auch wir als Reisegruppe hatten zwei Lieder vorbereitet, die wir dann auf der Bühne mit der Unterstützung von Frau Kauffmann vortrugen. Um den Kindern und Lehrern einen Eindruck von deutschem Gesang und der deutschen Sprache zu geben sangen wir „Fuchs du hast die Gans gestohlen“ und „auf der schwäbischen Eisenbahn“, deren Bedeutung Frau Ehmer vorher noch kurz auf Englisch erläuterte. Außerdem hatten ein paar leidenschaftliche Schauspieler aus der Gruppe ein Theaterstück auf der Sprache ‚Kannada’ einstudiert, die dort in dem Bundesstaat gesprochen wird. Auch wenn die Schüler der St. Anthonys vermutlich nicht alles verstanden, freuten sie sich doch über das Engagement und das Interesse an der Kultur der Schüler unserer Reisegruppe. Nachdem die Versammlung beendet war gingen wir noch durch die einzelnen Klassen um ein paar kleine Geschenke wie Haargummis oder Stifte zu verteilen. Die Kinder freuten sich außerordentlich und bedankten sich bei uns. Danach ging ein Teil von uns zu den Highschool Schülern, die ungefähr in unserem Alter waren und stellten uns ihnen vor. Sie schienen sehr interessiert und hießen uns sehr herzlich willkommen. Der andere Teil besuchte die College Studenten und redete mit ihnen. Auch sie stellten viele Fragen und freuten sich uns zu sehen. Als dann die Schule für die meisten von den Kindern beendet war, zeigte Sara uns das Dorf und führte uns die Hauptstraße entlang vorbei an dem muslimischen und dem hinduistischen Viertel. Das Dorf ist eher klein und es gab nicht viele besondere Attraktionen, wie es in den Großstädten der Fall ist, doch uns gefiel das ruhigere Landleben ganz gut. Als wir wieder zurück kamen wurde gerade eine Konferenz der Lehrer und der Eltern abgehalten, zu der auch der Bischof von Mysore und der Direktor der ODP erschienen. Unsere Lehrer waren natürlich auch anwesend, wodurch wir uns irgendwie selbst beschäftigen mussten. Doch diese Herausforderung stellte sich als einfacher heraus als gedacht, da jede menge kleiner Kinder zu uns kamen. Zum Teil waren auch Kinder von anderen Schulen da, die Wind davon bekommen hatten, dass wir Geschenke mitgebracht hatten. Wir wollten eigentlich nur ein bisschen Zeit mit ihnen verbringen und mit ihnen spielen, doch wir wurden ständig nur nach Geschenken befragt und regelrecht belagert. Für die Kinder wurde das immer mehr zu einem riesigen Spiel, doch wir Schüler wussten nicht mehr was wir machen sollten. Da wir ein Gebäude für uns hatten versuchten wir das Schiebetor zuzuziehen, dass unsere privaten Räume von der Schar aus Schülern abgrenzte, doch die Kinder schoben es immer wieder auf und versuchten nach oben zu gelangen. Letztendlich mussten wir auf der anderen Seite vom Tor Wache schieben. Als dann ein paar von uns das Gebäude verließen wurden wir umzingelt von Kindern, die nach Ballons oder Radiergummis fragten. Wir versuchten uns natürlich zu wehren und sagten mehrfach „We don’t have anything anymore!“ doch das hielt sie nicht davon ab uns festzuhalten und nicht mehr wegzulassen auch als wir ihnen klar zu verstehen gaben „No, don’t touch me, I don’t want to“. Dadurch fühlten wir uns zienlich bedrängt und unwohl. Irgendwann kamen dann die Lehrer wieder und die Kinder verschwanden alle. Wir waren ziemlich verstört davon, wie sehr die Situation eskaliert war und besprachen uns über einen Chai mit den Lehrern. Wir sprachen lange darüber, wie sich die Situation hätte vermeiden lassen können und den Rest des Abends waren wir immer noch ziemlich aufgeregt von den Ereignissen des Nachmittags. Letzten Endes kamen wir zu dem Schluss die Geschenke Vergabe anders zu organisieren um so etwas das nächste Mal zu vermeiden. Abends aßen wir dann noch zu Abend und besprachen den Ablauf des nächsten Tages. Um Punkt neun sollten wir den Bus wieder nach Mysore nehmen um gegen 12 Uhr bei dem Bischof zu Mittag zu Essen. Später am Abend war geplant den Bus nach Bangalore zu nehmen und dann mit dem Flugzeug zurück zu fliegen. Nach der Besprechung gingen wir noch auf das Dach der Schule und bewunderten viele Blitze, die den Himmel erleuchteten. Wir alle freuten uns schon auf zuhause waren aber trotzdem traurig Indien zu verlassen. Es war unser letzter gemeinsamer Abend in Indien und wir alle dachten an die schöne Zeit, die wir dort verbracht hatten. Wir gingen dann relativ früh schlafen um genug Kraft für den nächsten Tag zu tanken. Am nächsten Morgen verlief das Packen und Fertigmachen mehr oder weniger reibungslos und wir standen um neun an der vermeintlich richtigen Stelle, bereit zum Abfahren. Die Lehrer und Hilfskräfte, die uns begleiteten dirigierten uns dann aber zu einer anderen Stelle, und setzten uns in den Bus eine halbe Stunde später als geplant. Für uns war das allerdings nicht so toll, da es bedeutete wir würden auch erst eine halbe Stunde später in Mysore ankommen und zu spät beim Bischof erscheinen.
Auf der Busfahrt zurück nach Mysore verabschiedeten wir uns schon alle von den grünen Reisfeldern und den schönen Bergen, eine Aussicht an die wir uns mittlerweile gewöhnt hatten. Als wir dann in Mysore ankamen beeilten wir uns zum Haus des Bischofs zu laufen und kamen dort nach ca 15 Minuten Fußmarsch an. Wir mussten uns alle ersteinmal wieder an den Verkehr der Großstadt gewöhnen, besonders nach dem ländlichen Cowdalli. Als wir dann bei dem Haus des Bischofs ankamen, wurden uns drei Zimmer zugewiesen, in die wir unsere Sachen stellen konnten und gegebenenfalls umpacken konnten. Da wir den Bischof aber nicht noch länger warten lassen wollten beeilten wir uns und wurden in einen Raum geführt, in dem das Essen auf einem hölzernen Tisch stand (wie bei einer Art Buffet) und unsere Plätze um einen großen Tisch herum waren, an dem die Lehrer und Geistlichen aßen. Der Bischof kam sogleich und nach einem kurzen Gebet erklärte er uns was es alles zu Essen gab. Hungrig wie wir waren, machten wir uns sofort auf und probierten von allem. Es gab Dosai, Biryani, Chapatti, Chicken Curry und vieles mehr. Das Essen schmeckte uns so gut, dass wir alle mehrmals zum Buffet gingen um uns noch mehr zu holen. Der Bischof fragte uns nach unserem Eindruck und unseren Erlebnissen hier in Indien und ein paar von uns erzählten, wie es ihnen mit der Reise ergangen war. Der Bischof hörte sehr interessiert zu und er verabschiedete sich von uns mit kleinen Geschenken: Sandelholz Seifen, eine Spezialität aus Mysore, die auch noch liebevoll eingepackt wurde. Wir durften unser Gepäck in dem Anwesen stehen lassen und hatten den Nachmittag frei um noch die letzten Einkäufe vorzunehmen. Wir teilten uns in kleine Gruppen und gingen unter anderem noch zu dem großen Markt in Mysore, bei dem es viele verschiedene Dinge gibt. Leider fing es unterwegs an zu regnen, weswegen wir uns in einen Government store retteten. Dort verbrachten wir ein wenig Zeit und kauften ein paar Geschenke und liefen dann weiter zu dem Markt. Dort angekommen fing es wieder in Strömen an zu regnen und wir wurden komplett durchnässt. Dort kauften wir noch Sachen wie Farbe, Henna, selbstgemachte Räucherstäbchen, ätherische Öle und Armreifen, aber auch Gewürze und Teemischungen für zuhause. Als wir alle Einkäufe erledigt hatten gingen wir zurück und nach und nach trudelten auch die Anderen wieder ein. Da wir zum Schluss nur noch ein Zimmer für uns alle hatten und fast jeder noch etwas kramen musste, wurde es sehr chaotisch in unserem Zimmer, aber wir schafften es rechtzeitig zu unserem Bus nach Bangalore. Um ca. 10 Uhr Abends kamen wir dann am Flughafen an und wir verabschiedeten uns von unserer treuen und sehr hilfreichen Begleiterin Raji, die uns allen ans Herz gewachsen ist. Der Check-in sowie die Sicherheitskontrolle verliefen ohne weitere Probleme und dieses Mal schafften wir es alle ins Flugzeug zu kommen. In Paris hatten wir so gut wie keine Zeit, weswegen wir dort in ziemlichen Stress gerieten, vor allem als die Hälfte der Gruppe bei der Sicherheitskontrolle zurück blieb, aber zum Glück schafften es alle in den letzten Flug nach Luxemburg. Nach nur 35 Minuten landeten wir am Flughafen und kamen Problemlos durch die Kontrollen. Leider hatte unser Gepäck es nicht zurück geschafft, weswegen wir alle noch unsere Kontaktdaten angeben mussten und dann aber zu unseren Familien konnten. Wir hatten nicht die Chance uns von allen zu verabschieden, aber wir sahen uns dann ja wenige Tage später in der Schule wieder. Abends bekamen wir dann auch alle unsere Rucksäcke zurück und konnten die Geschenke an unsere Familien verteilen.